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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Pazaurek, Gustav Edmund: Die Transparentmalerei von Mohn und Genossen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0035

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gleicher Liebe, ja, wenn für sie das Porzellan materiell nicht immer zur Hand
war, recht ausgiebig bemalt, zumal ja die technischen Voraussetzungen für
beide Gruppen fast die gleichen sind.
Ein deutscher Porzellan-Hausmaler war es denn auch, der zu Anfang des
19. Jahrhunderts die zarte Porzellanmalerei auf das farblose Kristallglas
mit besonderem Gelingen übertrug: Samuel Mohn und sein Sohn. Samuel
— nicht Sigismund1 — Mohn wurde in Niederclobicau2 (Kreis Merseburg) als
der Sohn eines Nachtwächters Johann Christian Mohn und dessen Frau Chri-
stine geb. Neubert am 16. April 17623 geboren. Von irgendwelcher künstle-
rischer Betätigung erfahren wir zunächst nichts; auch gelegentlich seiner
ersten Vermählung mit der Jägerstochter Marie Rosina Katharina Löwen,
die am 25. Juni 1787 in Weißenfels stattfindet, tritt er uns nicht etwa als Maler,
sondern als „Mousquetier unter dem Infanterie-Regiment Churfürst und des
Herrn Obrist-Lieutnant Sängers Kompagnie“4 entgegen. Noch 1789 ist Mohn
hier ansässig, da ihm hier5 in diesem Jahre ein Sohn Gottlob6 Samuel geboren
wird, der später die Tätigkeit seines Vaters als Porzellan- und Glasmaler erfolg-
1 Der unrichtige Vorname „Sigismund“, der seit M. A. Gessert („Geschichte der Glasmalerei“, 1839, S. 294)
bis zur ersten, noch zaghaften Richtigstellung durch Sauerlandt (im Jahresbericht des „Museums für Kunst-
und Kunstgewerbe in Halle a. d. S.“ von 1910, S. 28) spuckte, mag dadurch begünstigt worden sein, weil Samuel
Mohn seine Porzellane und Gläser fast ausnahmslos nur mit einem „S", nur ganz selten — wie auf der Sil-
houettentasse der Sammlung Pazaurek — mit dem vollen Vornamen zeichnete. Ob diese Verwechslung viel-
leicht mit dem späteren Übertritt des jüngeren Mohn zur katholischen Kirche (1824) irgendwie zusammen-
hängt, daß man sich der alttestamentarischen, aber in evangelischen Kreisen beliebten Vornamen zu schämen
begann, läßt sich nicht entscheiden. Wahrscheinlicher dürfte dieser Irrtum auf eine Doppelsignatur zurück-
zuführen sein, wie wir sie bei den meist nicht eigenhändigen Mohn-Gläsern wiederholt finden, da ja zu den
Schülern des alten Samuel Mohn in Dresden seit 1809 auch der Kupferstecher Christian Siegmund zählte.
Es kann sich aber auch nur um eine Flüchtigkeitsübertragung des Vornamens Sigismund des berühmteren
zeitgenössischen Nürnberger Glasmalers Frank handeln, ähnlich wie die ältere Kunstgeschichte dem Rembrandt
Harmensz van Rijn die beiden Vornamen seines flämischen Zeitgenossen Peter Paul Rubens verleihen zu
müssen glaubte.
3 Freundliche Auskunft, die ich dem Pfarrer Dr. Voigt in Niederclobicau verdanke. Die bisherige Annahme,
daß Weißenfels der Geburtsort S. Mohns wäre, ist ebenso unrichtig wie die Mitteilung, daß er aus „Delitzsch
am Berge ohnweit Lauchstädt“ stammt, obwohl dies auch urkundlich — im Ratsarchiv der Stadt Dresden
(Rats-A., Parteisachen, M. 139, S. 56) — erwähnt wird. Zu Delitz am Berge (damals auch „Dölitz“ geschrieben)
wohnte in den späteren Jahren nur sein Vater (dem die heute im Museum von Halle befindliche Silhouetten-
tasse von 1807 gewidmet wurde) und ist auch dort — nach der liebenswürdigen Auskunft des dortigen Pfarrers
Hennig — 1818, 871/, Jahre alt, gestorben. Die Kirchenbücher von Weißenfels oder Delitz enthalten auch tat-
sächlich keine auf Samuel Mohn bezügliche Eintragung. — Weitere noch wichtigere Beiträge und Auskünfte
über S. Mohns Biographie erhielt ich auch vom Archivar Dr. Butte in Dresden, desgleichen von Ober-
studienrat Ernst Sigismund in Uschatz (Sachsen), Museumsdirektor Dr. Josephi in Schwerin und Archiv-
direktor Hermann Hango in Wien, denen ich hiefür verbindlichst danke.
3 Das noch von G. Lenz-Berlin in seinem wichtigen Aufsatz über „Mohn-Tassen“ (in der Wiener Museums-
zeitschrift „Kunst und Kunsthandwerk“ XXI, 1918, S. 422 ff.) angegebene Geburtsdatum „1760“ wird auch durch
das Totenbuch der Neustädter Drei-Königs-Kirche (1815, Nr. 181) richtiggestellt, das den Samuel Mohn, der
am 26. Juli 1815, früh 3 Uhr, an Lungenentzündung stirbt, als 53 Jahre alt bezeichnet.
4 Freundliche Auskunft des Kirchenbuchführers M. Thillitz der evangelischen Stadtkirche in Weißenfels.
5 Das in der Biographie G. S. Mohns im „Neuen Nekrolog der Deutschen“ III, 1825 (Ilmenau 1827), S. 1561,
genannte „Wiesenfeld“ ist natürlich nur ein Schreibfehler.
6 Der Vorname „Gottlieb“ ist ein Irrtum, der sich von F. Tchischka („Kunst und Altertum in dem österreichi-
schen Kaiserstaate*, Wien 1836, S. 16, 17, 55 und 66) bis E. Leisching („Kunst und Kunsthandwerk“ XVIII,
1915, S. 24) erhielt.

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